Wandel ist normal - aber warum?
12.07.2022 20:24, Lesedauer: ca. 5 Minuten, Autor: Dominic Malzahn
Nichts ist beständiger als der Wandel – aber warum?
Wie kommt es, dass sich immer wieder alles verändert? Wie kommt es, dass uns Veränderungen doch immer wieder bekannt vorkommen?
Sehr gerne bediene ich mich dem Entwicklungsmodell nach Livegoed, da es wunderbar logisch und einfach ist. Wenn wir Menschen in Unternehmen begleiten, wird die Sache schnell komplex und riesig groß, daher sind mir einfache Modelle immer sehr sympathisch.
Und das Modell ist gleichzeitig noch sehr organisch, denn es vergleicht die Unternehmensentwicklung mit der Menschentwicklung. Livegoed ist – das sollte man wissen – Entwicklungspsychologe und nicht vordergründig Unternehmenslenker, -Berater oder -Entwickler.
1. Verschiedene Unternehmensentwicklungsphasen
Nach diesem Modell gibt es ehrlicherweise 4 Phasen – die vierte Phase ist aber (noch) selten und daher wenig relevant. Die meisten Unternehmen in Deutschland tragen zurzeit Elemente der zweiten Entwicklungsstufe, der Differenzierung. Aber Stück für Stück.
- Pionierphase
Denken wir einmal zurück an unseren Anfang. Die ersten Tage, Wochen, Monate: Wir sind Babies – dabei maximal abhängig von unseren Eltern, die jedes unserer Bedürfnisse erkennen und sichern müssen – und dabei sind es die ganz fundamentalen Bedürfnisse: Nach Überleben. Genauso verhält es sich auch in Unternehmen direkt nach der Geburt. Die ersten Kunden sind es, die das Überleben sicherstellen. Genauso, wie ein Baby wenig Ansprüche an die Mahlzeiten stellt, kann es sich ein Unternehmen leisten Ansprüche an Kunden und Produkte zu stellen. Viel mehr wird es versuchen jeden zu bedienen.
Und trotzdem herrscht Heiterkeit und Ausgelassenheit, denn alle Menschen, die sich so früh zusammenfinden sind begeistert von dem, was ein Unternehmen tut – die Führung ist auf Augenhöhe, per Du und individuell. Genau, wie das Produkt. Eine Führungskraft ist viel mehr Visionär oder eben Pionier!
Okay, es gibt Ausnahmen: Unicorns – verdammt gut ausgestattete Start Ups, die mehr als 1 Mrd. Euro zur Verfügung stehen haben. Sie haben derart viel Holz – ihnen kann der Regen und die Sonne egal sein!
Es kommt jedoch ein Tag, an dem (so hoffen wir!) die individuellen Produkte und der Aufwand, der mit der Individualität einhergeht nicht mehr gedeckt werden kann. In diesem Moment gerät das Unternehmen in die Pionierkrise. Denn es dauert zu lange, alle Kunden zu bedienen, die Produkte herzustellen oder einen Dienst zu erbringen. Führung verändert sich, denn sie muss versuchen mit Gewalt die Masse abzudecken.
- Differenzierungsphase
Es wird der Wunsch nach Strukturen, Prozessen, Messungen, empirischen Methoden und gelinde gesagt Effizienz laut: Die Pubertät folgt. Oder die Differenzierung. Jugendliche müssen in der Pubertät lernen sich von ihren Eltern abzugrenzen – Unternehmen tun das in der Differenzierungsphase durch Schaffung von Zahlen, Nummern, Prozessen und Messungen. Führung wird hier ebenfalls auf Effizienz getrimmt und versachlicht sich. Man fängt nun an Mitarbeiter nach sachlichen Faktoren zu beurteilen und zu bewerten. Zudem neigen Kollegen dazu sich „wie Nummern im System“ zu fühlen. Das ist vollkommen normal.
Modernere oder auch direkte Methoden haben weniger Platz, es wird nach betriebswirtschaftlicher Logik gehandelt. Auch entstehen häufig Silos.
Auch die Differenzierung kann in eine Krise geraten. Diese Krise besteht meist darin, dass das Unternehmen zu sachlich wird. Sich zu sehr von Menschen und ihren Positionen distanziert. Bei Mitarbeitern, in dem sie „Nummern“ sind, bei denen es aber um ihre Leistung geht und weniger um die Dinge, die sie begeistern. Bei Kunden, dass sie zu wenig Gestaltungsspielraum am Produkt haben oder auch die internen Prozesse nicht mehr verstehen bzw. sich nicht verstanden fühlen.
- Integrationsphase
Nach der Sturm und Drang Phase, der Pubertät, werden wir erwachsen (also die Meisten von uns) und stellen doch fest "gemeinsam ist auch ganz nett", als sich immer zu distanzieren. Und es entsteht eine Re-Integration. Man beginnt nun mit der Erfahrung des Chaos zu Beginn und der übermäßigen Ordnung und Struktur die besten Vorgehensweisen herauszusuchen.
2. Von und Gegen Krisen
Jede Entwicklung hat Krisen. Das ist bei Unternehmen, wie Menschen sehr ähnlich. Vermutlich ist es die sehr menschliche Eigenschaft sich Stabilität zu wünschen und möglichst wenig Veränderung ertragen zu müssen.